Zusammenarbeit mit dem Forschungskreis der Ernährungsindustrie (FEI)

Klimabedingte Fehlnoten bei Weißwein erlangen Forschungsstatus

Die globale Erwärmung stellt die Weinwirtschaft in Deutschland vor neue Herausforderungen, da sie zum Teil negative Auswirkungen auf das Traubenwachstum hat. Vor allem Weißweintrauben weisen geschmackliche Veränderungen aufgrund von Trockenstress und Sonnenbrand auf.

Um für eine optimale Rebentwicklung kurative weinbauliche Maßnahmen zu ergreifen und sensorische Abweichungen zu vermeiden, gewinnt eine wissenschaftliche Untersuchung klimabedingter Aromafehler für die Weinerzeuger zunehmend an Bedeutung. Bislang wurden geschmacksveränderte Trauben oder deren Ursache nur ansatzweise auf molekularer Ebene erforscht. Umso wegweisender für die deutsche Weinwirtschaft ist das neue Forschungsprojekt „Klimabedingte Fehlnoten bei Weißwein“ des Forschungskreises der Ernährungsindustrie e.V. (FEI), das Anfang Oktober 2019 vom Wissenschaftlichen Beirat für förderwürdig befunden und angenommen wurde. Das Projekt untersucht erstmals wissenschaftlich negative Folgen des Klimawandels im Weinbau. 

Inhalt und Ziel des Forschungsprojekts

In einer Gemeinschaftsforschung wird das Projekt von den Professoren Ulrich Fischer, Andreas Kortekamp und Peter Winterhalter an den zuständigen Forschungsstellen, dem Institut für Weinbau und Oenologie und dem Institut Phytomedizin vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz sowie dem Institut für Lebensmittelchemie der TU Braunschweig durchgeführt.

Die Wissenschaftler wollen herausfinden, wie Weinerzeuger Sonnenbrandschäden eindämmen und die für die veränderten Aromen verantwortlichen Stoffe methodisch behandeln können. Dazu sollen sowohl die Weinbeere als auch der Wein analytisch untersucht werden. Sonnenbrandschäden treten bei weißen und roten Weintrauben seit den 1990-er Jahren verstärkt auf. Schädigt starke Hitze die Epidermis der Trauben so, dass es zum vorzeitigen Verwelken der Beeren kommt, müssen die Winzer regelmäßig mit erheblichen Ertragsverlusten und damit einhergehenden finanziellen Einbußen rechnen. Darüber hinaus sieht die weinbauliche Praxis zugunsten der Traubengesundheit eine Entblätterung vor. Doch diese Maßnahme erhöht die Schäden, die durch starke Sonneneinstrahlung an der entblätterten Traube entstehen, da die übermäßig hohe Sonnenexposition sich auf den Geschmack auswirkt. Das Forschungsvorhaben will diese klimabedingten Aromafehler sensorisch und stofflich identifizieren, damit Winzer und Kellermeister Fehlnoten direkt einer Ursache zuordnen können. Für die Weinbaupraxis prüft das Team der Wissenschaftler im Weinberg das Aufbringen von Präparaten, die als chemischer oder physikalischer Lichtschutz wirken. Schattierungsnetze und der Einsatz von Tonerden stellen einen vielversprechenden Lösungsansatz dar, um Sonnenbrandschäden bei Weintrauben zu minimieren, da sie von den Betrieben ohne größeren maschinellen Aufwand präventiv angewendet werden können.

 

Verändertes Klima als weinbauliche Herausforderung

Die zunehmend warmen und trockenen Vegetationsperioden beschleunigen die Rebentwicklung mit der Folge, dass die Trauben ihren Reifegrad im Schnitt einen Monat früher erreichen als noch vor dreißig Jahren. Extreme Hitze lässt vor allem internationale Rebsorten wie beispielsweise Merlot und Chardonnay in Deutschland gut gedeihen, bei einheimischen Sorten jedoch verschlechtern steigende Temperaturen die Anbaubedingungen. Sonnenbrandschäden haben bei der Ernte im Jahr 2019 bereits in einigen deutschen Anbaugebieten zu Ertragseinbußen geführt.

Da die rund 17.000 Weinbaubetriebe in Deutschland überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen darstellen, sind deren Möglichkeiten für betriebsinterne wissenschaftliche Untersuchungen begrenzt. Gerade unspezifische geschmackliche Veränderungen bewirken, dass Weine im Handel qualitativ minderwertig erscheinen. Um im globalen Wettbewerb jedoch konkurrenzfähig zu bleiben, sind deutsche Weinbaubetriebe darauf angewiesen, sich über die Qualität ihrer Weine aus autochthonen Rebsorten zu behaupten. Eine wissenschaftliche Erforschung der negativen Folgen des Klimawandels stellt somit einen wettbewerbsrelevanten Beitrag für den deutschen Weinbau dar.

Das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt soll im 1. Quartal 2020 beginnen. Gemeinsam mit dem Deutschen Weinbauverband e.V. unterstützt der Verband Deutscher Sektkellereien e.V. (VDS) das neue FEI-Forschungsprojekt und setzt damit ein Zeichen für die vom Klimawandel betroffenen Weinbauregionen in Deutschland. Geplant ist unter anderem die Entwicklung eines Schnelltests, mit dem noch vor der zweiten Vergärung klimabedingte Fehlnoten identifiziert werden können, um wirtschaftlichen Schäden schon im Herstellungsprozess vorzubeugen.

„Der Klimawandel stellt uns als Gesellschaft vor eine immense Herausforderung. Die konkreten Auswirkungen der globalen Erwärmung sind mannigfaltig und machen auch vor dem Weinbau nicht halt. In Verantwortung vor den nächsten Generationen ist es uns als Branche wichtig, adäquate Antworten auf die spürbar veränderten klimatischen Bedingungen zu finden“, erläutert VDS-Geschäftsführer Dr. Alexander Tacer das Engagement des Verbandes.

Aktualisiert am 16. Januar 2020

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