Was macht die Pandemie mit der Lust auf Sekt?

Was macht die Pandemie mit der Lust auf Sekt?

Anlässe und Orte für Sektkonsum in der Krise anders als gewohnt

Seit März 2020 ist alles anders. Auch das Sekttrinken. Seitdem lebt die Gesellschaft mit dem Korsett der Corona-Einschränkungen. Ganz gleich, ob es um das gesellige Beisammensein mit Familie und Freunden geht, um Sekt- und Weinfeste oder private Feiern, um Kultur- und Sportevents oder langersehnte Urlaube, für Spaß und Lebensfreude ruft COVID-19 andere Routinen auf den Plan.

Auch das Glas Sekt, das in unserer Kultur für gewöhnlich besondere festliche Augenblicke adelt, findet in der Pandemie sprudelnde Genussmomente in neuem anderem Rahmen.

Noch im letzten Frühjahr galten ansteigende Verkaufszahlen von alkoholischen Getränken im Lebensmitteleinzelhandel als anfängliches Indiz dafür, dass im Lockdown vermeintlich mehr alkoholische Getränke konsumiert würden als sonst. Doch eine Interpretation, wonach das Social Distancing den Sekt in Strömen fließen lässt, ist kaum haltbar. Nach Erhebungen des Verbandes Deutscher Sektkellereien e.V. zeigt sich, dass der Schaumweinabsatz im Corona-Jahr 2020 mit 1,3 % etwas unter dem Vorjahresniveau liegt. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Schaumwein im Weinwirtschaftsjahr 2019/2020 sank nach Schätzwerten des Deutschen Weininstituts von 3,3 auf 3,2 Liter.

COVID-19 hat nicht nur die Lebensgewohnheiten, sondern auch das Verbraucherverhalten auf den Kopf gestellt. Dass das auch für Sektliebhaber gilt, zeigen verschiedene aktuelle Untersuchungen. Nicht nur die Absatzzahlen für Schaumwein haben sich in den einzelnen Segmenten verändert, sondern auch die Orte des Konsums.

Wegfall des Außer-Haus-Marktes

Eine klare Verschiebung des Sektkonsums wird bei einer Analyse der Absatzstatistiken im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und der Gastronomie deutlich. Der hiesige LEH verkaufte nach den Angaben des Marktforschungsinstitutes Information Resources GmbH (IRI) im Jahr 2020 etwa 3,0 % mehr Schaumweine und notierte damit ein Umsatzwachstum von 2,7 % gegenüber dem Vorjahr. Der Gastronomiesektor hingegen verzeichnete laut Destatis im selben Zeitraum aufgrund der Corona-Krise insgesamt eine Umsatzeinbuße von 35 %. Zu einem ähnlichen Schluss kommt die globale Studie ProWein Business Report 2020 „The effects of COVID-19“ der Hochschule Geisenheim University. Demnach sank durch den pandemiebedingten Wegfall der Feiern und Feste die Schaumweinnachfrage im vergangenen Jahr um 36 %. Gestrichene Events sowie geschlossene Restaurants und Bars haben gemäß des ProWein Business Reports 2020 allein 42 % der Liebhaber weinhaltiger Getränke zu Luxusmomenten zuhause animiert und somit den Inhouse-Konsum gesteigert. Die Lockdown-Phase bescherte den Menschen mehr Zeit für die Zubereitung von Mahlzeiten, für Erlebnisse wie digitale Meetings sowie die Wiederentdeckung eines eigenen Lebensstils verbunden mit dem Wunsch sich öfter etwas zu gönnen, getrieben durch den Verzicht an anderer Stelle. Getreu der Devise „Wenn wir schon auf Restaurantbesuche und Events verzichten müssen, dann wollen wir es uns wenigstens zuhause gut gehen lassen“, kauften Konsumenten verschiedentlich eine Flasche Sekt, die sonst außer Haus verzehrt worden wäre. Davon profitierte auch der Online-Handel. Um Sekterlebnisse für zuhause zu schaffen, verknüpften Sekthersteller und Händler die Möglichkeiten des digitalen Marketings mit innovativen gastronomischen Ideen. Sie transferierten Sektpakete und Online-Tastings ins heimische Wohnzimmer und kreierten darüber eine Diversifizierung der Anlässe für Sektkonsum. Diese neuartige Form der Zugänglichkeit und Vielseitigkeit von Schaumweingenuss lockte neue Verbraucher an. Mehr als sonst hat Sekt in seiner Bedeutung als Aperitif-Getränk an Bedeutung gewonnen und für einen Lifestyle-Trend gesorgt, der mit bestehendem Pandemiegeschehen vermutlich auch in diesem Jahr anhält.

Der veränderte Absatzfokus und die Tendenz hin zum Inhouse-Konsum verdeutlichen, dass die Zuwächse für Sekt im LEH und dem Online-Handel die starken Rückgänge des weggefallenen Gastronomiegeschäfts zumindest teilweise kompensieren, ohne jedoch in den statistischen Auswertungen exakt aufgeschlüsselt zu sein.

Reisewarnungen und Einreisestopps – Tourismus in Corona-Zeiten

Steigende Inzidenzwerte, Quarantänebestimmungen und Reisewarnungen machten in 2020 Auslandsreisen nahezu unmöglich. Während beispielsweise das unter Deutschen beliebte Urlaubsland Spanien im Jahr 2019 noch 11,18 Millionen Gäste aus Deutschland begrüßen konnte, waren es im Pandemiejahr nur 2,41 Millionen Besucher. Das entspricht einem Rückgang von 74 %. Vergleichbar stellt sich die Situation auch im Hinblick auf die anderen klassischen Urlaubsdestinationen dar, die in „normalen“ Jahren Millionen von deutschen Urlaubern anziehen. Vergegenwärtigt man sich, dass die Durchschnittsverweildauer der Deutschen, die ihren Urlaub in Spanien verbringen, 12,3 Tage beträgt, so folgt alleine mit Blick auf Spanien, dass im vergangenen Jahr 8,77 Millionen Menschen jeweils gut zwölf Tage mehr im eigenen Land verbracht haben, als in den Vorjahren. Das bewirkt automatisch, dass in „normalen“ Jahren während der Urlaubszeit stattfindender Konsum alkoholischer Getränke in erheblich stärkerem Maße im Ausland erfolgt, als das im Jahr 2020 der Fall war. Schon diese Verlagerung führt dazu, dass die entsprechenden Konsumzahlen in Deutschland erhöht erscheinen, weil schlichtweg Millionen von Deutschen für einen deutlich längeren Zeitraum ihren Sekt oder Wein im eigenen Garten und eben nicht im mallorquinischen Restaurant oder auf der italienischen Piazza genossen haben. Daraus ableiten zu wollen, der Pro-Kopf-Konsum alkoholischer Getränke der Deutschen habe sich im Krisenjahr 2020 erhöht, verkennt diese lokale Verschiebung.

Zu einem vergleichbaren Ergebnis gelangt man unter Heranziehung der Erhebungen von Statista, wonach weit mehr als ein Drittel der Deutschen den Urlaub im Jahr 2020 im eigenen Land verbracht haben. Der Sektmarkt des LEH profitierte somit von der Sektlaune deutscher Urlauber und machte durch den gehinderten Auslandstourismus Verluste im Absatzkanal des Luftverkehrs teilweise wett. Nicht allein private Urlaube veränderten die Reiseströmungen in Deutschland. Auch Geschäftsreisende waren durch das „Neue Normal“ deutlich weniger unterwegs. Das Statistische Bundesamt zählt für das Jahr 2020 weniger als 63 Millionen Passagiere an deutschen Flughäfen. Das entspricht einem Rückgang von fast 75 % gegenüber dem Vorjahr. Die verminderte internationale Mobilität hat zur Folge, dass viele deutsche Sektproduzenten unter den Schließungen der Absatzkanäle von Airlines und Duty-Free leiden.

Sektmarkt trotz wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Krise konstant

Auch wenn die Sektlaune mitunter in dem Ausnahmejahr 2020 hier und da durch wegbrechende Feiern und die lange Schließung der Gastronomie einen Dämpfer erfahren hat, so ist der Markt dennoch weiterhin stabil. Fest steht, Sektgewohnheiten haben sich verlagert. Treue inländische Klientel, der Trend zum Inhouse-Konsum sowie Tourismus im eigenen Land haben den Sektkonsum auch im Corona-Jahr 2020 einigermaßen konstant gehalten. Besonders der Lebensmitteleinzelhandel profierte von den Verschiebungen des Sektabsatzes zugunsten der weitgehend geschlossen Absatzkanäle Gastronomie, Airlines und Duty-Free. Die durch den Lockdown beschleunigte Nachfrage nach Sektangeboten im Online-Handel wird sich aus Sicht der Branchenexperten fortsetzen. Gemeinsam warten alle Sektkellereien auf die wieder geöffnete Gastronomie und auf hoffentlich zukünftig unbeschwerte prickelnde Events.

Ob sich die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise mit geschwächter Kaufkraft auf die Sektbranche langfristig weiter auswirken wird, bleibt abzuwarten. Dass laut des Geisenheimer ProWein Business Reports 2020 ein beachtlicher Anteil von 8 % der Endverbraucher ihren Sektkonsum in den nächsten zwölf Monaten erhöhen möchten, stimmt die Hersteller optimistisch. Auch wenn erst nach Abebben der Pandemie mit einer vollständigen Erholung des Sektmarktes zu rechnen ist, bleibt die Zuversicht, dass der fröhliche Klang anstoßender Gläser bei geselligen Anlässen bald wieder zur Realität gehören wird.

 

Die Pressemitteilung des Verbandes Deutscher Sektkellereien e.V. können Sie sich hier als PDF herunterladen. 

 

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